Wolf: Herdenschutz = Tierschutz = Naturschutz

In Österreich sterben mehr Tiere an Unfällen, Krankheiten und Gewittern, als durch den Wolf. Gleichzeitig zerstören unbehirtete Almtiere unsere alpinen Ökosysteme. Gegen beides hilft Herdenschutz. Wir waren vor Ort bei der internationalen Herdenschutzkonferenz 2025 in der Steiermark. Wie moderner Herdenschutz funktioniert und mehr – HIER!

Herdenschutzhund

Auf einen Blick

  • Wolfsrisse überschätzt: Herdenschutz schützt Weidetiere vor Angriffen durch Beutegreifer – aber vor allem vor Unfällen, Krankheiten und Gewittern
  • Herdenschutz = Almschutz: indem Schafe und Ziegel gelenkt werden, werden sie davon abgehalten, empfindliche Ökosysteme zu zertrampeln und zerrfressen.
  • Herdenschutz ist individuell und flexibel: Elektrozäune, Herdenschutzhunde, Behirtung, GPS-Tracker oder Drohnen – die passende Lösung ist individuell.
  • Vorgelebte Praxis: In Österreich kann bei Herdenschutzkompetenzzentren am Hof Wissen ausgetauscht und gelernt werden, wie Herdenschutz funktioniert

Herdenschutz gegen Unfälle, Krankheiten und Gewitter

Tiere monatelang in steinigem und felsigem Gelände sich selbst zu überlassen, ist noch immer gängige Praxis in Österreich. Was in anderen Ländern vor allem wegen nie ausgerotteten Beutegreifern unvorstellbar wäre, hat sich hierzulande so weit eingebürgert, dass der Jahrhunderte alte Beruf des Hirtentums beinahe in Vergessenheit geraten ist.

Auswirkungen Wolf auf Umwelt

Dabei sterben die meisten Nutztiere auf unseren Almen, weil sie nicht unter menschlicher Obhut stehen. Alleingelassen fallen Krankheiten und Knochenbrüche nicht auf, können die Tiere Gewitter und Extremwettern nicht entkommen oder stürzen ab, weil sie sich in unwegsames Gelände verirren. Schätzungsweise 3-5 % aller aufgetriebenen Tiere verenden als derartiger Kollateralschaden unnötig. Das sind 14-15-mal mehr Tiere als durch den Wolf.

Herdenschutz = Almschutz

Gleichzeitig sind unbehütete Nutztiere auf den Almen ein essenzielles Problem für alpine Ökosysteme. „Herdenschutz ist Almschutz“ damit ist nicht nur der Schutz von Nutztieren gemeint, sondern vor allem der Schutz empfindlicher Ökosysteme.

Während Wandernde durch Schilder dazu sensibilisiert werden können, Wege nicht zu verlassen und langsam wachsende Mose, Flechten und alpinen Pflanzenarten nicht zu zerstören, trampeln Schafe, Ziegen und Rinder ungehalten über die Natur: Seltene Pflanzen werden abgefressen, die nährstoffarmen Böden durch Kot überdüngt, die Erde unter dem Gewicht verdichtet.

Eine gelenkte Weideführung, wo Tiere durch Behirtung bewusst von sensiblen Flächen ferngehalten werden und regelmäßig ihre Futterflächen wechseln, schützt Tiere und Natur. Modernes Herdenmanagement hilft demnach sowohl Lebensräume- als auch Nutztiere zu schützen.

Wir waren vor Ort – Herdenschutzkonferenz 2025

Um uns ein praxisnahes Bild vor Ort zu machen waren wir im Juli 2025 auf der internationalen Herdenschutzkonferenz in Perchau am Sattel (Steiermark) – organisiert vom EU-Projekt LIFEstockProtect. Auf einem aktiven Bauernhof konnten wir live erleben, wie Herdenschutz in der Praxis funktioniert und welche spannenden Technologien bestehende Konzepte in der Zukunft weiter verbessern werden.

Während man sich unter den Teilnehmenden bei der Meinung zum Wolfs teils uneinig war – blieb eines sonnenklar: Herdenschutz ist die Zukunft – auch in Österreich.

Herdenschutz ist individuell

Imposant sind sie, die riesigen Herdenschutzhunde, vor denen Wolf, Bär und Schakal Reißaus nehmen. Aber nicht überall sind Hunde nötig. Herdenschutz ist immer individuell, wobei etablierte Erfolgskonzepte angepasst und ausgebaut werden können:

Feste oder mobile Elektro-Zäune

Der Klassiker unter den Schutzmaßnahmen: elektrifizierte Zäune. Damit sie gegen kluge Beutegreifer wie den Wolf wirken, müssen sie bestimmte Kriterien erfüllen, dazu gehören eine gewisse Mindesthöhe und Stromstärke.

Wo dauerhafte Zäune unpraktikabel sind, können auch mobile stromführende Netz-Zäune helfen, die regelmäßig umgesteckt werden können. Eine Besonderheit ist der sogenannte Nachtpferch. Gerade wenn Tiere tagsüber frei durch einen Hirten gelenkt werden, lohnt es sich, sie nachts in ein eng eingezäuntes Gebiet zu treiben, damit Hirten ruhig schlafen können.

Herdenschutzhunde

Diese Hunde leben mit der Herde, verteidigen sie eigenständig und arbeiten völlig anders als Hütehunde. Sie müssen von klein auf an Weidetiere gewöhnt werden und brauchen erfahrene Betreuung. Wenn alles passt, leisten sie hervorragende Arbeit – auch auf Almen und in großen Herden.

Um in Österreich einen Herdenschutzhund einzusetzen, muss er zertifiziert oder in Ausbildung dazu sein. Ausgebildet werden die Hunde dabei nicht vom Menschen, sondern von erfahrenen Artgenossen – Genetik und Abschauen führen von allein dazu, dass die Hunde ihre Herden lautstark beschützen.

Bei der Zertifizierung wird geprüft, ob der Herdenschutzhund alltagstauglich ist, in unbekannten Situationen angemessen reagiert und kein Risiko darstellt. Der Mensch ist nur dafür zuständig, den jungen Hunden davor alle Alltagsreize bekannt zu machen, von Fahrradfahrer:innen, bis zu Spaziergänger:innen und fremden Hunden, die durch die Herden laufen.

In Österreich ist es seit 2024 möglich, Herdenschutzhunde zertifizieren zu lassen. Mit Stand Mitte Juli 2025 sind somit 17 zertifizierte Herdenschutzhunde in Österreich offiziell im Einsatz.

Menschliche Präsenz

Hirten vor Ort erhöhen die Sicherheit zusätzlich. Besonders in Gebieten mit wiederkehrenden Wildtiernachweisen können sie entscheidend zur Früherkennung beitragen. Zunehmend kommen auch neue Technologien zum Einsatz, von Drohnen über GPS-Halsbänder.

Was kann Österreich tun?

Für eine flächendeckende Umsetzung von Herdenschutz braucht es:

  • Beratung und Schulung: Kompetenzzentren wie im LIFEstockProtect-Projekt bieten hier wertvolle Unterstützung.
  • Finanzielle Förderung: Für Zäune, Hunde und Schulungen müssen Landwirt:innen auf stabile Förderstrukturen zählen können.
  • Wissenschaft & Monitoring: Nur wer weiß, wo Wölfe unterwegs sind, kann vorbeugen. Deshalb braucht es eine gut koordinierte Zusammenarbeit zwischen Forschung, Landwirtschaft und Tierschutz.
  • Bewusstseinsbildung: Nur wenn auch die Öffentlichkeit Bescheid weiß, kann Akzeptanz entstehen. Schulprojekte und Informationsarbeit zum richtigen Verhalten gegenüber Herdenschutzhunden zum Beispiel sind hier zentral.

Fazit

Die Rückkehr des Wolfs ist eine Chance für Landwirtschaft und Naturschutz, die nur mit fairen Lösungen funktioniert. Herdenschutz ist keine neuartige Idee Wolfs-liebender Städtler:innen, sondern eine jahrtausendealte Tradition, die seit jeher ein Teil erfolgreicher Landwirtschaft war.

 

Wir von Tierschutz Austria setzen uns dafür ein, dass diese Lösungen in die Fläche kommen – für Tierwohl auf allen Seiten.

Genaue Informationen zu Herdenschutzmaßnahmen finden Sie hier:

LIFEstock Protect

 

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