Auf einen Blick:
- Tierversuche sind ethisch und wissenschaftlich untragbar: Millionen Tiere leiden in Laboren – dabei versagen 90–95 % der im Tierversuch erfolgreichen Medikamente in Studien mit Menschen.
- Neue Methoden sind wissenschaftlich überlegen: Organoide, Organ-on-a-Chip, Computermodelle und KI liefern präzisere, schnellere und ethisch vertretbare Ergebnisse.
- Der Wandel ist politisch gewollt: Sowohl die EU-Kommission als auch verschiedene US-Behörden arbeiten an konkreten Roadmaps zur Abschaffung von Tierversuchen.
- Was es braucht: Klare Zeitpläne, mehr Forschungsgelder, regulatorischen Mut – und den gemeinsamen Willen, den Paradigmenwechsel umzusetzen.
Warum Tierversuche keine Zukunft haben
Tierversuche stehen zunehmend in der Kritik – nicht nur aus ethischer Sicht, sondern auch wegen ihrer mangelnden Aussagekraft. Tiere in Laboren werden vergiftet, verstümmelt oder getötet – oft ohne Schmerzmittel.
Das wohl bekannteste Beispiel ist Thalidomid („Contergan“), das trotz erfolgreichen Tierversuchen schwerste Fehlbildungen bei Babys verursachte, nachdem es von Müttern in der Schwangerschaft eingenommen wurde. Auch über 100 Schlaganfallmedikamente und 85 HIV-Impfstoffkandidaten, die im Tierversuch erfolgreich waren, versagten schließlich beim Menschen.
Umgekehrt wurden hilfreiche Medikamente beinahe verworfen, weil sie bei Tieren Nebenwirkungen zeigten: Penicillin ist giftig für Meerschweinchen, Paracetamol ist giftig für Katzen. Selbst Aspirin kann für einige Tierarten gefährlich sein. Hätte man sich hier auf Tierversuche verlassen, wären diese wichtigen Alltagsmedikamente nie zugänglich geworden.
Der größte Trugschluss von Tierversuchen ist, dass sie ein falsches Gefühl der Sicherheit vermitteln. Dabei helfen die Ergebnisse aus Tierversuchen dem Menschen kaum. Medikamente, die im Tierversuch „wirken“, scheitern bei klinischen Studien mit Menschen in 90–95 % der Fälle und können schwere gesundheitliche Folgen bringen.
Der Ausweg: Humanrelevante Forschung
Neue tierversuchsfreie Methoden, sogenannte Non-Animal Methodologies (NAMs), nutzen menschliche Zellen, Computersimulationen oder realitätsnahe Chip-Technologien. Das Ergebnis: schneller, günstiger, relevanter.

Organoide
Das sind Mini-Organe aus menschlichen Stammzellen. Sie wachsen im Labor in 3D-Strukturen heran und eignen sich hervorragend zur Forschung an Krankheiten wie Krebs, Covid-19 oder Mukoviszidose – individuell angepasst an die jeweilige Patientin oder den jeweiligen Patienten.
Organ-on-a-Chip
Winzige Chips mit lebenden menschlichen Zellen simulieren komplexe Organ- und Stoffwechselfunktionen und ermöglichen es, Medikamente realitätsnah zu testen – etwa für Lunge, Darm oder sogar mehrere Organe im Verbund.
Computermodelle & Künstliche Intelligenz
KI-Modelle analysieren Millionen Datenpunkte und simulieren, wie Stoffe auf den menschlichen Körper wirken. Das ist schneller, günstiger – und oft präziser als Tierversuche.
Lehre ohne Leid
NAMs finden auch in der Ausbildung ihren Platz. Realistische Simulatoren, virtuelle Präparationen und anatomische Modelle ermöglichen tierleidfreies Lernen auf höchstem Niveau. Erhebungen zeigen: In 90 % der untersuchten Fälle waren tierversuchsfreie Lehrmethoden genauso gut – oder besser – als der Einsatz von Tieren.
Politischer Rückenwind für den Wandel
Die Europäische Bürgerinitiative „Save Cruelty-Free Cosmetics“ hat über 1,2 Millionen Unterschriften gesammelt. Diese Europäische Bürgerinitiative forderte eine Verschärfung des Tierversuchsverbots für Kosmetika, die Umstellung der EU-Chemikalienregulierung auf tierversuchsfreie Methoden und einen Fahrplan zur schrittweisen Abschaffung aller Tierversuche.
Aktuell wird die Chemikalien-Richtlinie der EU überarbeitet, was deutliche Verbesserungen – oder aber auch Verschlechterungen – bedeuten könnte. Für einige Chemikalientests sind heute noch immer Tierversuche die erste Wahl – obwohl bessere, tierversuchsfreie Alternativen existieren. Für bestimmte Testbereiche wie endokrine Disruptoren wird im Zuge der Überarbeitung sogar eine Ausweitung der Tierversuche diskutiert.
Als Reaktion auf die Bürgerinitiative versprach die Europäische Kommission einen Fahrplan zur schrittweisen Abschaffung von Tierversuchen für chemische Sicherheitsbewertungen und Maßnahmen zur Reduzierung von Tierversuchen in Forschung und Lehre umzusetzen. Im Frühjahr 2026 wird mit einem finalen Ergebnis gerechnet.
Weltweite Zusammenarbeit für tierversuchsfreie Standards
In den Vereinigten Staaten gewinnt die tierversuchsfreie Forschung immer mehr an politischer Unterstützung. Mit einem Gesetzesbeschluss im Jahr 2022 wurde die bisherige Pflicht zu Tierversuchen bei der Zulassung neuer Medikamente aufgehoben. Stattdessen dürfen nun auch moderne Methoden wie Organchips, Zelltests und Computersimulationen anerkannt werden.
Ein aktueller Fahrplan der US-Arzneimittelbehörde sieht vor, Tierversuche in der Medikamentenentwicklung innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre zur Ausnahme zu machen. Auch andere staatliche Einrichtungen ziehen nach: So verkündete etwa das größte öffentliche Forschungsinstitut des Landes in Zukunft, Studien mit einer tierversuchsfreien, humanbasierten Forschung zu priorisieren. Zudem hat sich die US-Umweltschutzbehörde zu einem NAM-Arbeitsplan verpflichtet, mit dem Säugetier-Tierversuche für Chemikalien-Sicherheitstests bis 2035 eingestellt werden sollen.
Auch Organisationen wie die OECD – eine wirtschaftspolitische Gemeinschaft zahlreicher Länder – entwickeln weltweit gültige Prüfstandards für Chemikalien, die zunehmend auch tierversuchsfreie Methoden einbeziehen. Weitere internationale Netzwerke sorgen dafür, dass neue Testverfahren gemeinsam entwickelt, geprüft und international anerkannt werden. Das Ziel: Weg von Tierversuchen, hin zu ethischer und zuverlässiger Wissenschaft.
Fazit: Was jetzt zu tun ist
Die globale Wissenschaftsgemeinschaft bewegt sich entschieden von Tierversuchen weg zu humanen, für den Menschen relevanten Methoden. Ein echter Paradigmenwechsel braucht:
- politische Verbindlichkeit und gesetzliche Änderungen,
- deutlich mehr Förderung für NAM-Forschung und Validierung,
- Schulungen für Fachpersonal und Prüfer:innen,
- Zeitpläne mit messbaren Zielen und
- eine entschlossene Abkehr von der Gewohnheit, Tierversuche als „Goldstandard“ zu behandeln.
Lesen Sie den gesamten Orginaltext von Dr. Zietek hier:
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