Vogelgrippeausbruch ist Versagen der Massentierhaltung

Die Vogelgrippe ist in Österreich angekommen – und wieder trifft es die Tiere. Hunderttausende Hühner, Gänse, Enten und Puten werden in Europa getötet, obwohl die meisten nicht erkrankt sind. Doch die Vogelgrippe ist ein hausgemachtes Produkt der industriellen Tierhaltung. Das und mehr – HIER!

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Auf einen Blick

  • Vogelgrippe breitet sich rasant in Europa aus – über 500.000 Tiere wurden allein in Deutschland in den letzten Tagen präventiv getötet
  • In Österreich gilt nun landesweit „erhöhtes Vogelgrippe-Risiko“
  • Massentierhaltung begünstigt Virusausbrüche – durch Enge, Stress und genetische Gleichförmigkeit
  • Auch Bio- und Freilandhühner leiden – wochenlange Stallpflicht statt höherer Haltungsstandards mit Freigang.
  • Die Lösung: Impfungen statt Keulung – und eine Agrarwende hin zu weniger Tierleid

Eine Krise mit Ansage

Seit Wochen breitet sich die Vogelgrippe in Europa rasant aus. Deutschland kämpft mit einem besonders heftigen Ausbruch, und auch Österreich wurde inzwischen als Risikogebiet eingestuft. In betroffenen Betrieben werden alle Tiere frühzeitig getötet – unabhängig davon, ob sie infiziert sind oder nicht.

Diese Keulungsstrategie verursacht immenses Tierleid und bekämpft nicht die Ursache: Das Virus findet in der industriellen Tierhaltung ideale Bedingungen, um sich weiterzuentwickeln und erneut aufzutreten.

Besonders bitter: Tiere in Bio- und Freilandhaltung sind doppelt betroffen. Sobald ein Ausbruch in der Region gemeldet wird, müssen sie wochenlang in Ställen eingesperrt bleiben – ein enormer Rückschritt für das Tierwohl, das diese Haltungsform eigentlich fördern soll.

Vogelgrippe durch Geflügelindustrie

Die industrielle Geflügelhaltung spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung, Verbreitung und ständigen Weiterentwicklung der Vogelgrippe. Studien aus Epidemiologie, Ökologie und Wirtschaft zeigen deutlich: Die Bedingungen in der Massentierhaltung sind der Motor dieser Seuche.

  • Zu viele Tiere auf zu engem Raum: In Betrieben mit zehntausenden Tieren kann sich das Virus rasend schnell ausbreiten – von Stall zu Stall, von Betrieb zu Betrieb. Hohe Tierdichten und die enge Lage vieler Anlagen tragen entscheidend dazu bei, dass sich das Virus regional immer wieder neu entzündet.
  • Ideale Bedingungen für Virus-Mutationen: Wo Millionen Tiere gleichzeitig gehalten werden, kommt das Virus mit unzähligen Wirten in Kontakt. Das begünstigt Mutationen und sogenannte Reassortments – genetische Neuzusammensetzungen, die ständig neue Varianten hervorbringen. Die derzeit kursierende Linie H5N1-2.3.4.4b hat dadurch bereits über 50 Varianten entwickelt.
  • Stress und mangelnde Biosicherheit: Dauerstress, Monotonie und fehlende Rückzugsmöglichkeiten schwächen das Immunsystem der Tiere. Gleichzeitig werden Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen oft nicht konsequent umgesetzt – etwa durch Personalwechsel, kontaminierte Geräte oder Kostendruck. So steigt das Risiko weiterer Ausbrüche.

Auch für uns Menschen kann die Vogelgrippe gefährlich werden. Seit den ersten bekannten Fällen 1997 wurden weltweit über 800 Infektionen mit dem Virus H5N1 bestätigt – rund die Hälfte davon endete tödlich. Die meisten Menschen steckten sich durch engen Kontakt mit infizierten Vögeln, kontaminierte Stallumgebungen oder tierische Produkte wie Rohmilch an.

Forschungen zeigen, dass das Virus bereits genetische Veränderungen entwickelt, die eine bessere Anpassung an Säugetiere ermöglichen. Solche Mutationen könnten langfristig auch eine effizientere Übertragung zwischen Menschen begünstigen. Je länger das Virus in Massentierhaltungen zirkuliert, desto größer wird die Gefahr, dass daraus die nächste Pandemie entsteht.

Gefährdung von Wildtieren und Ökosystemen

Die Vogelgrippe betrifft längst nicht mehr nur Nutztiere. Ihre Ausbreitung bedroht Haustiere, Wildtiere und ganze Ökosysteme – mit gravierenden Folgen für Biodiversität, Tiergesundheit und auch die wirtschaftliche Stabilität ländlicher Regionen.

Haustiere

Auch Katzen können sich mit dem Vogelgrippevirus H5N1 anstecken – und schwer erkranken. In aktuellen Ausbrüchen wurden zahlreiche Fälle von Atemwegs- und Nervenerkrankungen dokumentiert, häufig nach dem Verzehr von rohem Geflügel. Genetische Analysen zeigen: Die Viren bei Katzen ähneln jenen aus Nutztierbeständen stark – ein Hinweis auf die enge Verknüpfung der Systeme.

Wildtiere

Seit 2021 führt die weltweite Verbreitung des Virus zu massiven Verlusten unter Wildvögeln – von See- und Greifvögeln bis zu Wasservögeln. Auch Meeressäuger wie Seehunde und einzelne Säugetierarten wie Füchse oder Eisbären sind betroffen. Laut der Welttiergesundheitsorganisation (WOAH) wurden zwischen 2005 und Mai 2024 weltweit über 13.700 Ausbrüche gemeldet – ein dramatischer Verlust für viele Populationen.

Landwirtschaftlich genutzte Tiere

Am stärksten betroffen bleiben Geflügelbestände. Weltweit wurden deswegen bereits Millionen Hühner, Enten und Puten frühzeitig getötet. Allein in Deutschland wurden in den letzten Tagen 500.000 Tiere präventiv gekeult. In den USA fielen bei einem großen Ausbruch sogar rund 40 Millionen Tiere der Keulung zum Opfer – wirtschaftliche Verluste von über 2,5 Milliarden US-Dollar waren die Folge. Neuere Berichte zeigen zudem Infektionen bei Rindern (Milchvieh).

Impfungen statt Keulung

In mehreren europäischen Ländern gibt es bereits erfolgreiche Impfungen gegen Vogelgrippe: Frankreich impft Enten flächendeckend, die Niederlande und Italien testen Programme für Legehennen und Puten. Diese Maßnahmen zeigen, dass Impfungen Tierleben retten und die Ausbreitung des Virus bremsen können. In Österreich sind diese Impfungen noch nicht zugelassen. Hier braucht es ein sofortiges Umdenken in der Seuchenbekämpfung: Weg von der Massenkeulung – hin zu präventiver Impfung.

Doch Impfungen allein werden das Problem nicht lösen. Solange Millionen Tiere in riesigen Anlagen auf engstem Raum gehalten werden, entstehen immer wieder neue Brutstätten für Viren. Stress, Enge und genetische Einheitlichkeit begünstigen die Mutation und Weitergabe von Krankheitserregern. Eine Impfung kann das Leid abmildern – aber nicht verhindern, dass das nächste Virus entsteht.

Ursachen statt Symptome bekämpfen

Deshalb müssen wir das System verändern, das solche Krisen überhaupt erst ermöglicht. Das bedeutet: weniger Tiere, mehr Platz, gesündere Bestände und ein schrittweiser Ausstieg aus der Massentierhaltung.

Kleinere, vielfältigere Betriebe mit artgerechterer Haltung und eine stärker pflanzenbasierte Ernährung sind der Schlüssel zu echter Prävention – für Tiere, Menschen und die Umwelt. Ohne Massentierhaltung sinkt das Risiko für Vogelgrippe – und zugleich das Risiko, dass Viren auf Säugetiere oder Menschen übergehen.

Fazit:

Die Vogelgrippe ist das Ergebnis eines Systems, das Tiere und die Natur ausbeutet. Solange Millionen Tiere auf engstem Raum leben, werden neue Virusvarianten entstehen – egal, wie viele Tiere präventiv getötet werden. Impfprogramme sind eine wichtige Übergangslösung: Sie können Tierleid verringern und Landwirt:innen kurzfristig entlasten, bekämpfen aber nur die Symptome.

Die eigentliche Lösung liegt in einem Wandel des Systems – weg von der industriellen Tierproduktion hin zu artgerechter Haltung, weniger Tierzahlen und einer stärker pflanzenbasierten Ernährung.

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AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit). Vogelgrippe (Aviäre Influenza) – Informationen und aktuelle Lage in Österreich.
https://www.ages.at/themen/krankheitserreger/vogelgrippe-aviaere-influenza (Zugegriffen November 2025).

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https://orf.at/stories/3410312/  (Zugegriffen November 2025).

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