Labelcheck Ei: Tierleid im Karton

Was steckt wirklich hinter unserem Frühstücksei? Unser neuer Label-Check Ei zeigt: Keines der von uns in Österreich geprüften Eiersiegel erfüllt alle unserer Tierschutzkriterien. Warum gerade Bodenhaltungs-Eier besonders schlecht abschneiden, warum Bio nicht perfekt ist und mehr – HIER!

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Auf einen Blick:

  • Keines der in Österreich geprüften Eiersiegel erfüllt alle 10 Tierschutzkriterien
  • Nur 5 von 33 geprüften Marken und Siegeln erfüllen neun Tierschutz-Kriterien.
  • Bio-Eier sind besser, aber auch hier bestehen Lücken – etwa beim Zugang zu strukturierten Ausläufen.
  • Hochleistungszucht führt bei allen Haltungsformen zu gravierenden Gesundheitsschäden bei Hennen.
  • Die Lösung: Eine verpflichtende Haltungskennzeichnung für alle Eier – auch in der Gastronomie.

Eier in Österreich sind nicht heilig

Österreich rühmt sich gerne mit angeblich herausragenden Tierwohlstandards, die über dem EU-Standard lägen. Doch wie so oft bedeutet ein „Besser als das Mindestmaß“ nicht automatisch gut. Wir haben gängige Eigenmarken von großen Supermarktketten sowie bekannte Gütesiegel analysiert, um zu prüfen wie viele Tierwohlkriterien bei der Haltung tatsächlich erfüllt werden.

Damit wir beurteilen können, wie „tierfreundlich“ ein Ei wirklich ist, haben wir in Zusammenarbeit mit Tierärzt:innen folgende 10 zentralen Kriterien definiert (lesen Sie HIER mehr):

  1. Mehr Platz – ausreichend Fläche, damit Hennen natürliche Verhaltensweisen wie Picken, Scharren und Ausweichen zeigen können
  2. Beschränkte Herdengröße – kleine Gruppen, um soziale Strukturen und individuelle Erkennung zu ermöglichen
  3. Außenklimabereich / Außenscharrraum – ein überdachter, eingestreuter Bereich mit Zugang nach draußen
  4. Strukturierte Ausläufe – mit Vegetation, Rückzugsmöglichkeiten, abwechslungsreichen Bodenzonen
  5. Weg von enormer Legeleistung – keine Zucht auf Höchstleistung (aktuell bis zu 320 Eier/Jahr)
  6. Natürliches Licht – Lichtqualität & -spektrum, die den Tieren keinen Stress bereiten
  7. Beschäftigungsmaterialien – z. B. Einstreu, Staubbäder, Einstreu, Materialien für Picken / Scharren
  8. Bruderhahnaufzucht / Zweinutzungsrassen – keine systematische Tötung männlicher Küken
  9. Beschränkte Transportzeiten – kurze und tierschonende Transporte mit minimalem Stress
  10. Kontrollen – regelmäßige, unabhängige und unangekündigte Kontrollen zur Überprüfung der Standardeinhaltung

Kein Label erfüllt alle Tierwohlkriterien

Egal ob Eigenmarken der Supermärkte oder bekannte Gütesiegel, alle scheitern daran, auf Hühnerrassen zu setzen, die nicht unter der enormen Legeleistung leiden. Selbst Bio-Siegel setzen keine gesünderen Rassen voraus.

Eine typische Legehenne in Österreich legt heute bis zu 320 Eier jährlich. Zum Vergleich: Das ursprüngliche Bankivahuhn – der Vorfahre unserer Haushühner – bringt es auf rund 30 Eier im Jahr. Die Folgen dieser Hochleistungszucht sind gravierend:

  • Knochenbrüche
  • Legedarm-Entzündungen
  • Eileiterkrankungen

Die Lösung liegt in alten Hühnerrassen wie dem Sulmthaler-Huhn, das deutlich weniger Eier legt und als Zweinutzungsrasse, das heißt auch für die Mast, eingesetzt werden kann (lesen Sie HIER warum männliche Küken für die Eierproduktion sterben müssen). Damit Konsument:innen dennoch leistbare Produkte erhalten, braucht es politische Unterstützung, etwa in Form von Subventionen für tierwohlverbesserte Eier.

AMA-Gütesiegel im Test

Zusätzlich zu den Eigenmarken der Supermarktketten gibt es Gütesiegel, die österreichweit, manche sogar EU-weit gültig sind. In Österreich ist das AMA-Gütesiegel das bekannteste. Die Agrarmarkt Austria (AMA) hat dabei für Eier aus Bodenhaltung, Freilandhaltung und Bio-Haltung jeweils unterschiedliche Kriterien definiert.

Obwohl die Käfighaltung in Österreich längst verboten ist, gelangen weiterhin Käfig-Eier in unsere Lebensmittel. 2024 importierte Österreich 140,8 Tonnen Eipulver aus der Ukraine und 13,5 Tonnen aus China – Länder, in denen Käfighaltung noch erlaubt ist.

Dieses Eipulver landet in der Gastronomie und in verarbeiteten Produkten im Supermarkt – und das ohne Kennzeichnungspflicht. Käufer:innen können so unwissentlich Eier aus Käfighaltung essen.

Unsere Analyse hat ergeben, dass mit dem AMA-Gütesiegel versehene Bodenhaltungs-Eier zu den Eiern mit den schlechtesten Haltungsbedingungen zählen: Über die jährliche Kontrolle hinaus wurde kein einziges unsere Tierwohlkriterien dabei erfüllt. Auch das Siegel für Freiland- und Biohaltung bleibt mit seinen Anforderungen hinter vielen Siegeln der Eigenmarken zurück – etwa von Hofer und Spar. Das AMA-Siegel ist damit bei weitem nicht das herausragende Tierwohl-Siegel, als das es oft vermarktet wird.

Bodenhaltung dominierend und ohne Tierwohl

Mit einem Marktanteil von 56 Prozent ist die Bodenhaltung in Österreich die dominierende Form der Eierproduktion. Doch sie erfüllt die Bedürfnisse der Tiere kaum.

Auch die Ergebnisse unseres Labelchecks machen klar: Marken mit Bodenhaltung erreichen in puncto Tierschutz so gut wie nichts. Fehlender Platz, fehlende Beschäftigungsmöglichkeiten und zu große Herdengrößen führen zu erheblichen Einschränkungen im Tierwohl.

Weder Bodenhaltungs-Eigenmarken von Hofer noch von Lidl erfüllen auch nur ein einziges der Tierwohlkriterien (abgesehen von den jährlichen Kontrollen). Eigenmarken der Rewe-Gruppe erreichen nur aufgrund der Nähe ihrer zuliefernden Höfe zum Schlachthof die von uns empfohlenen maximalen Transportzeit von 4,5 Stunden.

Freiland ist nicht gleich Freiland

Das Wort „Freiland“ weckt Bilder von grünen Wiesen, Sträuchern und Bäumen, auf denen Hühner neugierig scharren und picken. Die Realität sieht jedoch oft anders aus: Strukturierte Ausläufe mit Vegetation und Versteckmöglichkeiten sind selbst in der Freiland- und Biohaltung nicht verpflichtend. Viele Ausläufe sind daher kahl, ohne Schatten oder Deckung – Bedingungen, unter denen die Tiere ihre natürlichen Verhaltensweisen kaum ausleben können.

Bei einem Vogelgrippe-Alarm müssen auch Freiland- und Bio-Hühner in den Stall gesperrt werden – oft wochen- oder monatelang. Damit verlieren selbst die besten strukturierten Ausläufe vorübergehend ihre Wirkung. Gerade deshalb ist es wichtig, dass Ställe ausreichend Platz, Licht und Beschäftigungsmöglichkeiten bieten, um das Wohlbefinden der Tiere trotzdem zu sichern.

Unsere Haushühner stammen vom Bankiva-Huhn ab, das offene Flächen meidet, um sich vor Greifvögeln zu schützen. Dieses Verhalten ist auch bei heutigen Legehennen stark ausgeprägt. Damit sie sich sicher fühlen, brauchen sie bewachsene, strukturierte Ausläufe mit Sträuchern, Bäumen und unterschiedlichen Bodenzonen. Besonders tierfreundlich sind bepflanzte Bereiche mit essbaren Kräutern wie Oregano, Salbei oder Thymian – sie bieten Schutz, Abwechslung und zusätzliche Nährstoffe.

Unser Label-Check Eier zeigt: Die meisten Siegel und Marken setzen strukturierte Ausläufe nur unzureichend um. Statt schattiger, bepflanzter Bereiche finden sich oft karge, ungeschützte Flächen, die von den Hennen kaum genutzt werden. Nur wenige Label und Marken verlangen wirklich tiergerechte Ausläufe mit Vegetation und Rückzugsmöglichkeiten, etwa „Ja Natürlich“ von der Rewe-Gruppe und  „Ein gutes Stück Heimat“ von Lidl.

Bio-Eier: Bessere Wahl, aber noch nicht perfekt

Bio-Eier in Österreich setzen zumindest höhere Maßstäbe: mehr Platz, kleinere Herden, Beschäftigungsmaterial. Doch auch hier gibt es Lücken. Strukturierte Ausläufe – also Freiflächen mit Schattenplätzen – sind im EU-Biosiegel nicht verpflichtend und werden nicht von allen Bio-Marken umgesetzt.

Außerdem gibt es auch bei den meisten geprüften Biosiegeln keine über den österreichischen Mindeststandard hinaus gehende, beschränkte Transportzeiten. Für Konsument:innen bedeutet das: Bio-Eier sind besser, aber nicht automatisch tierfreundlich in allen Bereichen.

Tierfreundlich einkaufen: Unsere Empfehlung

Wer beim Eierkauf wirklich auf Tierwohl achten möchte, sollte genau hinschauen. Bio-Eier sind derzeit die bessere Wahl, erfüllen aber nicht alle unserer Tierschutzkriterien. Pflanzliche Produkte sind aktuell die einzige Garantie, dass kein Tier für das Produkt leiden oder sterben musste.

Wer nicht ganz auf Eier verzichten möchte, sollte unbedingt unseren kostenlosen Labelcheck nutzen – er zeigt transparent, welche Marken und Siegel tatsächlich mehr Tierwohl bieten:

Download

Fazit: Transparenz für Konsument:innen

Die Eierproduktion in Österreich steht an einem Wendepunkt. Ohne klare Kennzeichnung bleibt es für Konsument:innen schwer zu erkennen, wie viel Tierwohl wirklich hinter einem Ei steckt.

Die Lösung ist daher klar: eine verpflichtende Haltungskennzeichnung im Einzelhandel, in der Gastronomie und in der Gemeinschaftsverpflegung. Helfen Sie uns mit Ihrer Stimme:

 

Bitte helfen Sie uns

Damit wir weiterhin Missstände aufdecken, Tierwohlstandards einfordern und politischen Druck machen können, brauchen wir Ihre Hilfe. Bitte spenden Sie für unsere Pfoten-Politik!

Bundesministerium für Land-und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft. Eierproduktion in Österreich. Letzte Änderung 2023. URL: https://www.bmluk.gv.at/themen/landwirtschaft/landwirtschaft-in-oesterreich/tierische-produktion/gefluegel-eier/Ei-Artikel.htm

Statistik Austria. Versorgungsbilanzen für tierische Produkte 2024. Wien: Statistik Austria, 2025. URL: https://www.statistik.at/fileadmin/publications/SB_1-27_Versorgungsbilanzen-tierische-Produkte-2024.pdf

Tierhaltungsverordnung: Bundesgesetz über die Förderung der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung (Nutztierhaltungsförderungsgesetz – NutztFöG), BGBl. I Nr. 82/2003, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 200/2023.

Rechnungshof Österreich (2024). Landwirtschaftliche Nutztierhaltung – Förderungen und Tierschutzkontrollen. Herausgegeben: August 2024. URL: https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/2024_24Nutztierhaltung.pdf

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