Fur Free Europe – das pelzfreie Europa ist in Sicht

Tierschutzorganisationen kämpfen seit Jahren gegen die Missstände in der Pelzzucht. Nun könnte die Europäische Bürgerinitiative Fur Free Europe der Pelzbranche endlich den Garaus machen. Was sich in der EU tut, warum wir dem Ziel so nahe sind wie noch nie und wieso wir ein pelzfreies Europa brauchen – HIER!

Fuchs Rosi

Auf einen Blick:

  • Über 1,5 Mio. Europäer:innen forderten mit der Bürgerinitiative Fur Free Europe ein pelzfreies Europa
  • Bereits über 25 Länder weltweit haben ihre Pelzzucht stark eingeschränkt oder beendet, trotzdem ist Europa einer der Hauptproduzenten für den internationalen Pelzhandel
  • Die Europäische Kommission entscheidet bis 2026 über ein pelzfreies Europa

Fur Free Europe: Europäische Bürger:innen wollen keinen Pelz

Über 1,5 Mio. validierte Unterschriften sammelte die Europäische Bürgerinitiative (ECI) Fur Free Europe in weniger als einem Jahr. Damit unterstützten europäische Bürger:innen eindeutig die beiden Kernforderungen der Initiative [1]:

  1. Ausstieg aus der Zucht und Tötung von Tieren zum alleinigen oder hauptsächlichen Zweck der Pelzgewinnung
  2. Verkaufsverbot von Pelzprodukten auf dem EU-Markt

Der Vorstoß stützt sich dabei nicht nur auf Tierschutzbedenken, sondern auch auf ökologische und humangesundheitliche Aspekte: Viele der invasiven Arten in Europa (z.B. Marderhunde) stammen von entlaufenen Pelztieren ab und zerstören die heimische Biodiversität. Hinzu kommen enorme Umweltauswirkungen durch die gesamte Lieferkette der Pelzbranche (lies HIER mehr, über den unsauberen Fußabdruck von Pelz). Die Sars-CoV-2-Ausbrüche auf Pelzfarmen, die zur sofortigen Tötung Millionen Pelznerze in Dänemark geführt haben, zeigen nicht zuletzt auch die enorme Gefahr von Zoonosen [2].

EU-Kommission veröffentlicht erste Maßnahmen

Es obliegt nun der EU-Kommission die Forderungen von Fur Free Europe zu prüfen und einen Maßnahmenplan vorzulegen. Nach Vorgesprächen im Sommer, wurden im Oktober 2023 die Forderungen von Fur Free Europe dafür in verschiedenen Ausschüssen des Europäischen Parlaments und anschließend im Europäischen Plenum ausführlich präsentiert und debattiert.

Anfang Dezember 2023 gab die EU-Kommission bekannt, dass sie die EFSA, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, damit beauftragt habe, bis März 2025 eine wissenschaftliche Stellungnahme abzugeben. Darauf aufbauend werde die EU bis März 2026 entscheiden, ob sie ein Verbot plane. In der Zwischenzeit werde die Kommission unter anderem Pelzfarmen der Mitgliedsstaaten begutachten und prüfen, ob Echtpelz besser für Käufer:innen gelabelt werden müsse [3].

Wir brauchen ein Verbot von Pelzzucht und -handel

Auch mehrere Mitgliedsstaaten reagierten bereits auf die ECI und forderten die Kommission auf, im Sinne des wirtschaftlichen Wettbewerbs die Pelzzucht in der gesamter EU zu beenden. Innerhalb der letzten 2 Jahrzehnte haben über 25 Staaten weltweit beschlossen, die Pelzzucht zu verbieten (teils mit Übergangsfristen), die Zucht von bestimmten Arten einzuschränken, oder strengere Regulierungen verabschiedet, die die Praxis unrentabel werden ließen und damit defacto beendeten. Darunter sind auch 14 EU-Mitgliedsstaaten [4].

Länder, die die Pelzzucht nicht verboten haben, allen voran Finnland und Polen, profitierten hingegen vom fehlenden Wettbewerb und zählen heute neben China zu den globalen Spitzenreitern im Pelzhandel [5]. China und Europa sind damit die größten Pelzproduzenten weltweit. Zwar sinkt die globale Pelzproduktion, nicht zuletzt auch durch die Covid-19-Pandemie, doch 2021 wurden noch immer geschätzt 23 Mio. Nerze, 12 Mio. Füchse und 9 Mio. Marderhunde für ihren Pelz getöteten [2].

Neu in die Debatte kommen Initiativen, die Pelz aus Zellkulturen züchten möchten. Diese Ansätze ähneln dem Konzept von zellkultiviertem Fleisch, wobei zukünftig Echtpelz tierleidfrei aus der Petrischale wachsen könnte. Dass solche Ideen Gehör finden, beweist beispielsweise die über 4 Mio. Euro schwere Förderung der EU für das sogenannte FUROID Project. Die Initiatoren von FUROID wollen durch modernste Biotechnologien eine tierfreie Produktion von Haaren (auch menschlichen), Pelz und Wolle ermöglichen [6].

Trotz dieser vielversprechenden Ansätze müssen viele Aspekte der neuen Technologien noch gründlich geprüft und abgewogen werden. Erst wenn die Umweltauswirkungen und Fragen der Nachhaltigkeit geklärt sind, können solche Alternativen guten Gewissens eingeführt werden. Auch muss verhindert werden, dass durch die Produktion von tierleidfreiem Pelz auch die Nachfrage für herkömmlichen Pelz wieder steigt.

Um die offensichtlich große Nachfrage nach konventionellem Pelz zu beenden, brauchen wir deshalb, neben einem Verbot der Pelzzucht, auch ein Verkaufsverbot. Als erstes und bislang einziges Land hat Israel 2021 den Handel mit Pelz verboten. Einige US-amerikanische Staaten und Städte zogen bereits nach. In der EU ist zwar seit 2009 der Handel mit Robben-, Katzen- und Hundepelz verboten, nicht aber von anderen Pelzarten [5]. Es besteht also dringender Handlungsbedarf.

Konventionelle Pelzzucht ist nur in grausamer Käfighaltung lukrativ

Auch Pelzhandel ist leider ein Paradebeispiel für industrielle Tierhaltung, die nur mittels Käfighaltung gewinnbringend wirtschaften kann. Pelzzucht ohne Tierleid ist hingegen nicht lukrativ, wie Beispiele mancher Länder zeigen: Als „Nutztiere“ sind die Haltungsbedingungen der konventionellen Pelztiere weit schlechter als die Standards, die innerhalb der EU für Wildtiere in Zoos vorgeschrieben wären [2]. Werden ihre Haltungsvorschriften hingegen verbessert (wie etwa in der Schweiz oder Deutschland, wo Nerze Zugang zu Bademöglichkeiten bekommen haben), rentieren sich die Farmen nicht länger und schließen [4].

Einige Pelzfarmen behaupten, zertifiziert und unter Einhaltung von besonderen Tierschutzstandards zu operieren und wollen ihre Tätigkeiten damit in gutes Licht rücken. Programme wie WelFur sollen das Wohlergehen der Tiere auf solchen Farmen gewährleisten. Etwa 71,7 % der Nerzfarmen in Europa sind nach dem WelFur-Standard als „gute gegenwärtige Praxis“ zertifiziert.

Dabei sind die Tierwohl-Programme von WelFur nicht an ein Leben in freier Wildbahn, sondern an die Käfighaltung angepasst und bilden damit die tatsächlichen Bedürfnisse der Tiere nicht ab. Auch Pelztiere auf zertifizierten Pelzfarmen leben damit in zu kleinen Käfigbatterien [9]. Die Realität der Pelzfarmen steht somit im absoluten Widerspruch zu den propagierten Standards.

In Europa werden vor allem Nerze, Füchse und Marderhunde gehalten. Ihre Lebensbedingungen sind erschreckend: Nerze, territoriale Einzelgänger, die 1-3 km2-große Territorien durchstreifen und dabei semi-aquatisch einen großen Teil ihres Lebens schwimmend und tauchend verbringen, werden in Pelzfarmen dicht and dicht in enge Käfigbatterien gezwängt (meist etwa 90x30x45 cm). Die Tiere können weder ihren Artgenossen ausweichen noch anderen natürlichen Bedürfnissen nachkommen. Meist entwickelnd sie schwere Verhaltensauffälligkeiten, darunter Stereotypien oder Selbstverletzendes Verhalten [2].

Wenngleich der Handel mit Pelz illegal getöteter Wildtiere ein großes Problem darstellt [7], stammen 90 % des Pelzhandels von gezüchteten Tieren, die größtenteils in Käfighaltung leben [2].

Die Forderungen der Bürgerinitiative Fur Free Europe knüpfen damit an die Bürgerinitiative „End the Cage Age“ an: Bereits 2019 hatten über 1,4 Mio. Europäer:innen mit „End the Cage Age“ ein Verbot jeglicher Käfighaltung und den Übergang zu käfigfreien Lösungen gefordert [8].

Doch obwohl ein Legislativvorschlag der Kommission zur Käfighaltung für Ende 2023 angekündigt wurde, ist aktuell noch unklar, ob dieses Versprechen tatsächlich eingehalten werden wird [8].

Fazit:

Die Initiative „Fur Free Europe“ ist eine klare Forderung der europäischen Bürger:innen nach einem Verbot von Pelzzucht und Pelztierhandel. Tierleid, Umweltschutz und gesundheitliche Risiken für die menschliche Gesundheit verdeutlichen die Dringlichkeit, endlich auf Pelz zu verzichten. Glücklicherweise wächst der Druck auf die Modebranche und zahlreiche Länder haben bereits begonnen, sowohl die Pelzzucht als auch den Pelzhandel zu verbieten. Nun liegt es an der europäischen Kommission endlich den lauten Wunsch der Bevölkerung nach einem pelzfreien Europa umzusetzen.

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[1]        „Fur-Free Europe | European Citizens’ Initiatives | Events | AGRI | Committees | European Parliament“. Zugegriffen: 9. Dezember 2023. [Online]. Verfügbar unter: https://www.europarl.europa.eu/committees/en/fur-free-europe/product-details/20231005ECI00161

[2]        Fur Free Europe, B. Malmberg, und J. Moran, „Fur Free Europe Master Report“, Okt. 2022.

[3]        Europäische Kommission, „COMMUNICATION FROM THE COMMISSION on the European Citizens’ Initiative (ECI) ‘Fur Free Europe’“, Dez. 2023. [Online]. Verfügbar unter: https://www.europarl.europa.eu/committees/en/fur-free-europe/product-details/20231005ECI00161

[4]        „Fur bans“. Zugegriffen: 30. November 2023. [Online]. Verfügbar unter: https://www.furfreealliance.com/fur-bans/

[5]        „Could fur farming be banned in the EU? Here’s which countries still support the industry | Euronews“. Zugegriffen: 5. Dezember 2023. [Online]. Verfügbar unter: https://www.euronews.com/green/2023/06/16/fur-import-ban-could-be-dropped-in-the-uk-heres-which-eu-countries-still-support-the-indus

[6]        Europäische Kommission, „Up-scaled continuous production of artificial hair, fur and wool follicules using FUROID and HAROID technology | FUROID | Project | Fact sheet | HORIZON | CORDIS | European Commission“. Zugegriffen: 30. November 2023. [Online]. Verfügbar unter: https://cordis.europa.eu/project/id/101071175/de

[7]        „End the Cage Age – VIER PFOTEN in Österreich – Tierschutz. Weltweit.“ Zugegriffen: 5. Dezember 2023. [Online]. Verfügbar unter: https://www.vier-pfoten.at/kampagnen-themen/themen/nutztiere/endthecageage

[8]        M. C. Sosnowski und G. A. Petrossian, „Luxury Fashion Wildlife Contraband in the USA“, Ecohealth, Bd. 17, Nr. 1, S. 94–110, März 2020, doi: 10.1007/s10393-020-01467-y.

[9]        „WelFur – Fur Free Alliance“. Zugegriffen: 5. Dezember 2023. [Online]. Verfügbar unter: https://www.furfreealliance.com/welfur/

 

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