Den Mahdtod verhindern

Wie Rehkitze gerettet werden können

Im Mai und Juni werden viele Rehe geboren. Leider fällt in diesen Zeitraum meist auch die erste Mahd. Da die Kitze ihrer Mutter in den ersten drei bis vier Wochen noch nicht überall hin folgen können, werden sie von ihr abgelegt. Das heißt, das Kietz wartet an einem gut geschützten Ort und die Mutter kommt regelmäßig zurück, um es zu säugen. Ist ein Feind im Anmarsch, duckt sich das Kitz und verharrt dabei starr an den Boden gepresst. Durch ihre Fellfärbung und ihren kaum vorhanden Eigengeruch funktioniert die Taktik der jungen Rehe bei den meisten Raubtieren sehr gut. Bei der Mahd wird dem Rehkitz diese Strategie hingegen zum Verhängnis. Laut Schätzungen werden allein in Österreich, jährlich bis zu 25.000 Rehkitze durch Mähwerke getötet. Doch nicht nur das Reh ist betroffen, auch viele andere Tiere, wie Feldhase, Rebhuhn und Erdkröte, sterben unter den schweren Maschinen. Der unnötige Tod von so vielen Tieren muss nicht sein, denn es gibt verschiedene Methoden, um den Mahdtod zu verhindern.

Bereits eine etwas erhöhte Schnitthöhe kann dabei helfen Bodenbrüter und Amphibien zu retten. Die optimale Schnitthöhe liegt hier bei acht bis zehn Zentimetern. Auch der Zeitpunkt der Mahd kann in Rücksprache mit WildtierexpertInnen so gelegt werden, dass möglichst wenig Jungtiere betroffen werden. Durch eine frühe erste Mahd (optimal ist der Zeitpunkt des sogenannten Ähren- und Rispenschiebens der wichtigsten Hauptpflanzen) sind die Wiesen niedrig, wenn im Mai und Juni die meisten Rehkitze geboren werden. Dadurch sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass die Mütter ihre Kitze in den Flächen ablegen. Die zweite Mahd sollte dann möglichst spät, circa am Mitte Juli, angesetzt werden, wodurch auch die Gefahr für Bodenbrüter sinkt, deren Brutzeiten im Sommer meist bereits beendet sind. Unbedingt sollte ein Abstand von 7 bis 8 Wochen zwischen den Schnitten eingehalten werden, damit Vögel deren Gelege beim ersten Schnitt zerstört wurden, die Möglichkeit haben, eine zweite Brut großzuziehen.

Für Igel, Fuchs und Feldhase hat der Schnittzeitpunkt jedoch leider kaum Einfluss auf ihr Überleben, da sie von April bis September durch die Mahd gefährdet sind. Eine simple und kostengünstige Herangehensweise, um zusätzlich Tiere zu retten, ist die Vergrämungsmethode: Hierbei werden vor der Mahd störende Objekte auf zu mähende Wiesen gestellt. Dies können Plastiktüten, Luftballons oder auf Pfählen befestigte Blinkleuchten sein. Auch akustische Signale oder Behälter mit übelriechende Substanzen (z.B. Buttersäure) erfüllen diese Arbeit gut. Zudem hilft es, die Fläche vor der Mahd vermehrt zu begehen, am besten zusammen mit einem geeigneten Hund, der die Tiere nicht verletzt. Die Mütter werden durch diese Maßnahmen beunruhigt und veranlasst, mit ihren Jungtieren von der Fläche zu flüchten. Hierbei ist es wichtig, die Objekte maximal ein paar Tage vor der Mahd aufzustellen, damit sich die Tiere nicht an die fremden Eindrücke gewöhnen. Die Effektivität konnte auch von einer schwedischen Studie belegt werden, die zeigte, dass Vergrämung hilft, ein Großteil der Rehkitze aus der zu mähenden Fläche zu retten [Jarnemo,2002].

Eine weitere Technik, um Rehkitze und andere Jungtiere zu retten, ist das Absuchen. Bei der Absuche geht man die Fläche entweder systematisch mit speziell ausgebildeten Hunden oder mit einem tragbaren Infrarot-Wildretter, der das Wild anzeigt, ab. Auch Drohnen mit integrierten Wärmebildkameras können helfen, verstecke Rehkitze sicher zu finden. Die Drohnen fliegen hierfür dicht über einem Feld und markieren mit Hilfe der Wärmebildkamera das Rehkitz. Am besten wird die Suche hierfür am frühen Morgen durchgeführt, da ansonsten bei warmem Wetter auch gelegentlich Maulwurfshügel oder Kahlstellen fälschlicherweise angezeigt werden. Mit Hilfe der Markierungen können dann die suchenden Personen die Rehkitze und Junghasen finden und in Sicherheit bringen.

Auch die Mahd-Richtung ist von Bedeutung: Üblicherweise werden die Flächen von außen nach innen gemäht. Das ist sehr gefährlich für Wildtiere, denn sie flüchten vor dem lauten Mähdrescher weiter ins hohe Gras und damit in einer Todesspirale zum Feldinneren. Wird allerdings vom Feldzentrum ausgehend nach Außen gemäht, können die Tiere an den Rand des Feldes flüchten. In Teilen von Deutschland ist es daher inzwischen sogar verpflichtend, ab einer gewissen Flächengröße auf diese Weise zu mähen. Die Mährichtung hilft allerdings nur den bereits etwas älteren Tieren. Wie eingangs erklärt, flüchte junge Rehkitze nicht, sondern vertrauen auf ihre Tarnung.

Um das jährliche Abschlachten von 25.000 Rehkitzen zu beenden, muss daher sowohl eine Vorgabe zur Mährichtung, als auch eine Verpflichtung zur Vergrämung oder Absuche mit Hund, Mensch oder Drohe vor der Mahd verpflichtend werden.

 

Rehkitz gefunden – Was nun?

Für LandwirtInnen vor der Mahd:

Haben sie ein Kitz gefunden, dann sollten Sie es ohne direkten Körperkontakt aus dem zu mähenden Bereich tragen. Gut dafür eigen sich zum Beispiel Grasbüschel, da das Kitz so nicht Ihren menschlichen Geruch annimmt. Decken Sie das Kitz während der Mahd mit einer luftdurchlässigen Box, wie zum Beispiel einer Obstkiste ab, damit es während der Mahd nicht zurück auf die Wiese flüchten kann.

Für Privatpersonen:

Sieht das Rehkitz gesund aus, lassen Sie es liegen und fassen Sie es nicht an, damit das Kitz nicht Ihren Geruch annimmt. Für Rehe ist es ganz normal ihre Kitze für eine Zeit zurückzulassen. Das heißt, auch wenn das kleine Kitz verlassen aussieht, ist die Mutter meist nicht weit weg und wartet darauf ungestört zurückzukommen. Ist das Rehkitz verletzt oder befindet sich in Gefahr, dann holen Sie sich Hilfe bei Ihrer lokalen Wildtierstation oder Tierarztpraxis.

 

Quellen:

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