STELLUNGNAHME: EU-Tiertransportnovelle ist zu wenig

1,6 Mrd. Tiere werden jährlich in der EU und über ihre Grenzen hinaus transportiert. Ende letzten Jahres wurde endlich ein Überarbeitungsentwurf zur Tiertransportverordnung vorgelegt, um die prekären Missstände zu verbessern. Wir haben zum Entwurf offiziell Stellung bezogen. Die wichtigsten Punkte und mehr – HIER!

Auf einen Blick:

  • Die aktuelle Tiertransportverordnung ist fast 20 Jahre alt und muss dringend überarbeitet werden
  • Der vorgelegte Gesetzesentwurf bringt marginale Verbesserungen, aber keine Systemveränderung
  • Wir fordern ein Ende von Tiertransporten in Drittstaaten und einen Fokus auf den Transport von Fleisch statt Lebendtieren

Angekündigte Verbesserungen gehen nicht weit genug

Tierwohlstandards sind in der EU teils mehrere Jahrzehnte alt und brauchen dringend eine Überarbeitung. Im Zuge der sogenannten Farm-to-Fork-Strategie hat sich die EU dazu verpflichtet, sämtliche Regelung zu Tierwohlstandrads zu verbessern. Doch noch ist das nicht bei allen Regelungen geschehen, beispielsweise fehlt nach wie vor die Überarbeitung zur Schlachtung.

Im Dezember 2023 wurde immerhin eine Gesetzesnovelle zur Überarbeitung der Tiertransporte von der EU-Kommission vorgelegt. Bis April konnte offiziell dazu Stellung bezogen werden, bevor der Gesetzesentwurf weiterverhandelt und abgestimmt wird.

Generell finden sich punktuelle Verbesserungen in einigen Bereichen, zum Beispiel:

  • Die Transportzeiten sollen etwas verkürzt werden, und bei langen Transporten müssen die Tiere zum Ruhen, Füttern und Tränken abgeladen werden.
  • Das Platzangebot für die verschiedenen Tiere soll erhöht und an die jeweilige Tierart angepasst werden
  • Die Vorschriften für die Ausfuhr von lebenden Tieren aus der EU sollen verschärft werden, einschließlich besserer Kontrollen in Drittländern, damit sie den in der EU geltenden Standards entsprechen.
  • Digitale Instrumente sollen die Durchsetzung der Transportvorschriften erleichtern (z. B. Echtzeit-Ortung von Fahrzeugen und eine zentrale Datenbank).
  • Erstmals wurden Vorschriften für den Transport von Meerestieren vorgeschlagen

Novelle bringt keinen erhofften Systemwechsel

Doch so schön die angekündigten Verbesserungen klingen, bereits die aktuellen Standards scheitern oft am Vollzug in den Mitgliedsländern, geschweige denn in Ländern außerhalb der EU. Eine einfache Alternative wäre ein Schwerpunkt auf den Transport von Fleisch statt Lebendtieren. Diesen Systemwechsel hat die EU-Kommission in ihrem Gesetzesentwurf nicht fokussiert.

Wir kritisieren an dem aktuellen Entwurf außerdem:

  • Seereisen gelten nicht als Transportzeit und haben kein Zeitlimit. Nicht entwöhnte Kälber dürften also für unbegrenzte Zeit auf dem Seeweg transportiert werden.
  • Langstreckentransporte (also über 8h hinaus) sind weiterhin erlaubt
  • Bis kurz vor der Geburt dürfen trächtige Tiere transportiert werden
  • Transporte dürfen auch bei Extremtemperaturen stattfinden

Tierleid bei Tiertransporten ist längst bekannt

Wenn es um Lebendtiertransporte geht, überwiegen aktuell wirtschaftliche Interessen über das Wohl der Tiere. Über 1,6 Mrd. Tiere werden jährlich in der EU und über die EU-Grenzen hinaus transportiert – meistens nur für die Schlachtung. Fast 30 Mio. Tiere davon stammen aus Österreich. Erst vor wenigen Monaten belegten Aufdeckungen dabei die grausamen Lebensbedingungen von schwangeren Kühen die über Tage bis nach Algerien gekarrt werden, ehe sich ihre Spuren verlieren.

Dass das aktuelle Tiertransportrecht erhebliche Defizite aufweist, wissen nicht nur Tierschutzorganisationen. Selbst offizielle EU-Stellen haben bereits in Berichten darauf aufmerksam gemacht:

  1. Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs von 2018 über den Tierschutz in der EU,
  2. Bericht des EU Parlamentes zu Schiffstiertransporten sowie
  3. Wissenschaftliches Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) vom 12. Januar 2021 über den Schutz von Tieren beim Transport

Wir fordern ein Ende von Drittlandtransporten

„Bei der Festlegung und Durchführung der Politik der Union in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei, Verkehr, Binnenmarkt, Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt tragen die Union und die Mitgliedstaaten den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere als fühlende Wesen in vollem Umfang Rechnung; …“

So heißt es im Art. 13 des Europäischen Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Das tägliche Leid der Tiere beim Lebendtiertransport entsteht aufgrund unzureichender Schutzvorschriften und mangelhaftem Vollzug in der EU und widerspricht damit eklatant den eigenen Verpflichtungen.

Wir fordern daher:

  • Ein Verbot von Lebendtiertransporten in Drittländer
  • Ein Verbot von Schifftransporten in Länder außerhalb der EU. Bei Transporten innerhalb der EU muss die Zeit auf dem Transportschiff der Transportzeit angerechnet werden.
  • Ein Verbot von Transportzeiten über acht Stunden. Für erwachsene Kaninchen und Geflügel sollten beispielsweise vier Stunden Transportzeit nicht überschritten werden.
  • Ein Transportverbot von noch säugenden Jungtieren, das entspräche einem Transportverbot der ersten 12 Wochen bei Schafen und Rindern, 6 Wochen bei Kaninchen und 30 Tagen bei Ferkeln.
  • Transporte sollten nur bei Transport-Innentemperaturen zwischen 5 bis 25 °C genehmigt werden.

 

Fazit:

Die Gesetzesnovelle war lange angekündigt. Umso enttäuschender ist, dass der allgemeine Systemfehler, aus Kostengründen lieber lebende statt geschlachtete Tiere durch Europa zu karren, abermals nicht behoben wird. Wir fordern weiterhin endlich deutliche Verbesserungen, darunter ein eindeutiges Verbot von Lebendtiertransporte in Drittländer.

 

Unsere gesamte Stellungnahme finden Sie hier:

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