Auf einen Blick:
- Modellwald in Niederösterreich: Ökologisch bewirtschaftete Wälder verbinden nachhaltige Holznutzung mit Rückzugsräumen für Tiere und Pflanzen – und leisten aktiven Klimaschutz.
- EU-Renaturierungsgesetz seit Sommer 2024 in Kraft: Bis 2026 muss Österreich konkrete Pläne vorlegen, wie natürliche Lebensräume wiederhergestellt werden.
- Der Biber als heimlicher Schlüsselakteur: Seine Arbeit verbessert Wasserhaushalt, Biodiversität und Klima – ein unverzichtbarer Verbündeter im Kampf gegen die Klimakrise.
- Renaturierung braucht Unterstützung: Um Land- und Forstwirtschaft bei Renaturierung zu unterstützen, braucht es gezielte Förderungen – denn jeder investierte Euro spart langfristig Kosten für Mensch und Umwelt.
Zukunftswälder statt Nutzwald-Monokulturen
Wenn ein Biber den Wald mitgestaltet, entsteht mehr als nur ein Damm – es wächst ein klimaresilienter Lebensraum. Gemeinsam mit Wolfgang Suske, Koordinator des Umsetzungsdialogs zum EU-Renaturierungsgesetz, waren wir zu Besuch in einem ökologischen Vorzeigewald.

Franz Puchegger, Forstwirt und Obmann des Ökologischen Jagdverbandes, hat seinen Wald in ein ökologisch stabiles System verwandelt. Durch naturnahe Bewirtschaftung und minimale Eingriffe zeigt er eindrucksvoll, wie sich Renaturierung, Forstwirtschaft und Jagd sinnvoll verbinden lassen.
Biber = Baumeister der ArtenVielfalt
„Klug faul sein – und die Natur die Arbeit machen lassen“ – mit diesem Prinzip hat Herr Puchegger seinen Wald umgestaltet. Neuester Mitbewohner: ein Biber, der seit einigen Monaten das kleine Bächlein staut und damit aktiv zur ökologischen Entwicklung beiträgt.
In Biberhabitaten entstehen Feuchtgebiete, die Hochwasser verlangsamen, Trockenperioden ausgleichen und die Artenvielfalt fördern. Studien zeigen: Biberteiche speichern deutlich mehr Wasser als vergleichbare Flächen ohne Biber – und wirken dadurch wie natürliche Wasserspeicher und Klimaregulatoren.
Vorteile des Bibers für den Wald:
- Wasserhaushalt stabilisieren
Biberdämme stauen Bäche und schaffen Feuchtgebiete. Dadurch wird Wasser zurückgehalten, das Grundwasser steigt, und die Landschaft bleibt auch in Trockenperioden feucht. Gleichzeitig wird Hochwasser gebremst und Erosion an Ufern verhindert. - Klimaschutz & Anpassung an die Klimakrise
Biberlandschaften wirken wie natürliche Klimaanlagen: Sie kühlen die Umgebung, halten Feuchtigkeit in der Fläche und binden Kohlenstoff im Boden. So helfen sie, die Folgen von Extremwetter wie Hitze, Dürre und Starkregen abzumildern. - Wasserqualität verbessern
In Biberteichen setzen sich Nährstoffe, Schadstoffe und Sedimente ab – das reduziert die Belastung von Flüssen und Seen durch Dünger oder Pestizide und senkt das Risiko von Algenblüten. - Lebensräume für Artenvielfalt schaffen
Die vom Biber gestalteten Feuchtgebiete bieten vielfältige Lebensräume für unzählige Arten – von Amphibien über Insekten und Fische bis zu Vögeln und seltenen Pflanzen. Sie fördern die Biodiversität auch über das Gewässer hinaus. - Natürliche Renaturierung
Was Biber in kurzer Zeit schaffen, würde in technischen Renaturierungsprojekten viel Geld und Planung kosten. Ihre Arbeit spart damit Zeit und Geld, indem sie menschliches Eingreifen ersetzt und zur Wiederherstellung natürlicher Landschaften beiträgt.
Renaturierung macht Natur auch in Zukunft nutzbar
Renaturierung ist keine Rückkehr zur Wildnis, sondern der Umbau hin zu ökologisch stabilen und klimafitten Landschaften. Das wurde bei der Waldführung besonders deutlich: Während in vielen Regionen Wälder als reine Produktionsflächen genutzt werden, setzt Franz Puchegger in seinem Wald auf biologische Vielfalt, natürliche Prozesse und gezielte Eingriffe zugunsten von Altbäumen, Totholz und Rückzugsflächen. Der Wald bleibt nutzbar, wird aber robuster gegen Wetterextreme, Krankheiten und Trockenheit.
Eine Biberfamilie im Landschaftsschutzgebiet Brdy (etwa 50 km südwestlich von Prag) hat Anfang 2025 an der Klabava mehrere Dämme errichtet. Das damit geschaffene Feuchtgebiet ist exakt dort, wo Naturschützer:innen seit Jahren ein von Menschen geplantes Wiederherstellungsprojekt vorbereitet hatten.
Der Biber kam schneller: Fast über Nacht gestaltete er den Lebensraum neu und langwierige Genehmigungsverfahren, Fördermittelbeschaffungen und Bauarbeiten entfielen – was der tschechischen Umweltbehörde geschätzt ca. 1,2 Millionen Euro an Kosten ersparte.
Renaturierung braucht politischen Willen
Damit Renaturierung gelingt, dürfen land- und forstwirtschaftliche Betriebe nicht ungehört bleiben. Es braucht gezielte Anreize und die Mitgestaltung durch jene, die täglich mit dem Land arbeiten. Der Umsetzungsdialog zum EU-Renaturierungsgesetz, koordiniert von Wolfgang Suske, arbeitet genau daran: gemeinsam mit Landnutzer:innen, Behörden und Fachleuten werden Wege gesucht, wie Renaturierung in der Praxis funktionieren kann.
Obwohl Biber ökologisch wertvoll sind, gelten sie in der Land- und Forstwirtschaft oft als Problemtiere. Ihre Dämme können Felder vernässen, Drainagen blockieren oder Wege unterspülen. Auch gefällte Bäume stören manchmal – vor allem dort, wo wirtschaftlich genutzte Kulturen betroffen sind. Doch die ökologischen Vorteile überwiegen deutlich – sie sind nur nicht immer auf den ersten Blick sichtbar.
Das EU-Renaturierungsgesetz verpflichtet die Mitgliedstaaten, bis September 2026 nationale Umsetzungspläne vorzulegen. Eine ökologische Waldnutzung, wie sie Herr Puchegger lebt, kann hier ein Vorbild sein. Damit mehr dieser wertvollen Flächen entstehen, braucht es gezielte Anreize: Etwa durch die Förderung von Abstandsstreifen entlang von Bächen, wo Biber frei schaffen können.
Weitere Lösungen für ein konfliktfreies Zusammenleben sind:
- technische Beratung (z. B. durch Bibermanagementstellen),
- Förderungen für Biber-Schutzmaßnahmen,
- Entschädigungszahlungen bei Schäden,
- und ein gesellschaftliches Umdenken: Biber gestalten Lebensräume, die auch uns Menschen nutzen – wenn wir es zulassen.
Fazit:
Der Biber zeigt, wie viel Natur kann – wenn wir mit ihr zusammenarbeiten. Das EU-Renaturierungsgesetz eröffnet große Chancen für gesunde, klimafitte Landschaften. Damit sich mehr Personen aus Land- und Forstwirtschaft für ökologische Maßnahmen entscheiden, braucht es aber klare Rahmenbedingungen – etwa Förderungen für Renaturierungsflächen entlang von Gewässern, als Heimat für den Biber. Denn: Jeder Quadratmeter Natur, den wir wiederherstellen, ist eine Investition in unsere Zukunft.
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