Zoonosen – Altbekannt und aktuell wie nie

Rund zwei Drittel aller menschlichen Krankheitserreger sind ursprünglich bei anderen Tieren entstanden, im Laufe der Zeit mutiert und auf den Menschen übergesprungen. Man nennt sie deshalb auch Zoonosen. Übertragen werden Zoonosen entweder durch direkten Kontakt mit Tieren und ihren Fäkalien, über tierische Lebensmittel oder über Zwischenvektoren, wie Zecken oder Mücken.

Zoonosen – Altbekannt und aktuell wie nie

Die meisten neuen Erreger, aber auch bereits fest etablierte Infektionskrankheiten, sind Zoonosen. Dazu gehört nicht nur das bekannte SARS-CoV-2 Virus, sondern beispielsweise auch die Erreger von MERS, SARS, Ebola, Zika, Echinokokkose, Leishmaniose, Malaria, Borreliose, Q-Fieber, Pest, HIV, Milzbrand, Tollwut, Schweine- und Vogelgrippe etc. [1].

Woher kommen Zoonosen?

Im Falle von Covid 19 wurde das Augenmerk der Öffentlichkeit vor allem auf Wildtiere Märkte gelenkt. Nachdem diese in Wuhan nach dem Ausbruch der aktuellen Corona Pandemie kurzzeitig geschlossen waren, öffneten sie bereits 2020 erneut  [2]. Dabei sind Orte wo Spezies aus aller Welt gehandelt werden, wahre Krankheitsherde. Wildtiere, die in engen Käfigen dicht nebeneinander gehalten werden, sind extremen Stresssituationen ausgesetzt, worunter das Immunsystem der Tiere stark leidet. Durch ihre unterschiedliche Herkunft sind viele Tiere außerdem nicht an die fremden Erreger angepasst. Ähnlich wie das Immunsystem der indigenen Bevölkerung Amerikas nicht gegen eingeschleppte neuartige Krankheiten aus Europa gefeit gewesen war, verbreiten sich die fremden Infektionen beinahe ungehindert unter den gestressten Wildtieren, werden exportiert und mutieren [4].

Ein anderes prominentes und aktuelles Beispiel für die gefährliche Kombination aus Stress und schlechten Haltungsbedingungen sind Pelzfarmen. Weil SARS-CoV-2 auch Nerze befällt und auf Pelzfarmen Tiere dicht an dicht gehalten werden, konnte sich das Virus dort binnen kürzester Zeit optimal ausbreiten und nachweislich mutieren. Der Deutsche Tierschutzbund gibt an, dass bis Mai 2021 in der EU über 400 Pelzfarmen betroffen gewesen und Millionen Tiere, aus Angst vor weiteren Mutationen, getötet wurden. Allein in Dänemark, dem weltweit größten Nerzfell Exporteur, belief sich die Summe auf 15 bis 17 Millionen tote Nerze [5].

Aber nicht nur Wildtiere bergen die Gefahr einer potentiellen Krankheitsübertragung. Man geht heute davon aus, dass viele menschlichen Krankheiten von Nutztieren auf den Menschen übertragen wurden. Dabei können Nutztiere entweder als Zwischenvektoren zwischen Mensch und Wild fungiert haben, oder Krankheiten sind direkt bei den Nutztieren entstanden [6]. Das sind keine neuen Phänomene. Bereits im Antiken Ägypten wurden Tuberkulose und Milzbrand als Nutztierseuchen erkannt, die auch den Menschen gefährden. Im Mittelalter folgten Zoonosen wie Räude, Maul- und Klauenseuche und Rotz. In der jüngeren Geschichte haben Erkrankungen wie BSE, Schweine- und Vogelgrippe Schlagzeilen gemacht [7].

Die Rolle der industriellen Landwirtschaft

Zoonosen sind kein alleiniges Problem der Neuzeit, aber die zunehmende Industrialisierung der Landwirtschaft, vor allem die Tierzucht, -Haltung und -Fütterung und die damit einhergehende Umweltzerstörung, beschleunigen die Entstehung um ein Vielfaches. Eine Review-Studie aus 2019 analysierte die Verbindung zwischen neuen menschlichen Infektionskrankheiten und der globalen Lebensmittelproduktion und man kam zu dem Schluss, dass seit 1940, die intensive Landwirtschaft der treibende Faktor für über 25% aller neuen menschlichen Erkrankungen und über 50% der Zoonosen sei [8].

Vor allem das Bestreben die Nutztierdichte und die von den Tieren erbrachten Leistungen weiter zu erhöhen, ist ein allgegenwärtiges Problem. Obwohl die Menschheit durch Regelungen für mehr Tierwohl in der Landwirtschaft ein wertvolles Instrument hätte, um neuen Pandemien vorzubeugen, scheint nach wie vor hauptsächlich eine steigende Produktivität im Trend zu sein. In Spanien soll beispielsweise Europas größte Milchfabrik entstehen – mit 23.500 Kühen auf 900 Hektar [9]. Dabei breiten sich in dicht belegten Stallungen, mit hohem Ammoniakanteil in der Luft, vielen Fäkalien und wenig Sonnenlicht Krankheiten optimal aus, während das Immunsystem der Tiere unter chronischem Stress und den gesundheitlichen Missständen leidet [3].

Einen eigenen Beitrag leisten

Für einen klima- und umweltschonenden Lebensstil ist auch ein bewusster Umgang mit tierischen Lebensmitteln wichtig, um die Ausbreitung von Zoonosen einzudämmen. Mit jedem Kauf von pflanzlichen Produkten oder Produkten, die nachweislich Tierwohl garantieren, wird der Ruf nach einer veränderten Landwirtschaft lauter. Auch in der Gastronomie sollte aktiv nachgefragt und bestenfalls auf Gastronomien ausgewichen werden, die überwiegend biologische Speisen anbieten. Zusammen mit dem Verein Gegen Tierfabriken hat der Wiener Tierschutzverein (Tierschutz Austria) 2016 den Verein Gesellschaft !Zukunft Tierwohl! gegründet, der sich für eine klare Kennzeichnung der Herkunft und der Haltungsbedingungen bei tierischen Produkten einsetzt. Dafür wurden vier europaweit geschützte Wort-Bild-Marken eingeführt, die Tierwohl in biologischer und konventioneller Haltung garantieren [10].

Mehr dazu hier: www.zukunfttierwohl.at

 

Fazit:

Durch Klimawandel, Bevölkerungswachstum, Wildtierhandel, veränderter Tierzucht- und Haltung sowie ein zunehmendes menschliches Vordringen in Wildgebiete nimmt die allgemeine Gefahr durch Krankheiten zu. Wenn der Mensch Tier und Umwelt belastet, gefährdet er zuletzt also auch sich selbst. Vor allem industriell gehaltene Nutztiere werden durch tierische Erkrankungen, die schließlich auch auf den Menschen überspringen können, nicht nur unnütz, sondern sogar gefährlich. Weitere Bestrebungen nach mehr Tierwohl sind daher unerlässlich, um in Zukunft besser gegen Zoonosen gefeit zu sein.

 

Quellen:

[1] Nationale Forschungsplattform für Zoonosen: Was sind Zoonosen? (aufgerufen: 01. 12. 2021, um 9:35)

[2] ABC News: Wuhan’s ‚wet markets‘ are back in business  (aufgerufen: 11. 12. 2021, um 10:30)

[3] Wissenschaftliche Dienste: Ausarbeitung WD 5 – 3000 – 070/20 für den Deutschen Bundestag: Zoonosen und Tierhaltung (2020): Download Link

[4] welt-sichten.: Artenschutz ist Virenschutz (aufgerufen: 01. 12. 2021, um 13:00)

[5] Deutscher Tierschutzbund: Pelzfarmen in der Coronapandemie (aufgerufen: 18. 12. 2021, um 9:20)

[6] Magouras I, Brookes VJ, Jori F, Martin A, Pfeiffer DU and Dürr S (2020) Emerging Zoonotic Diseases: Should We Rethink the Animal–Human Interface? Front. Vet. Sci. 7:582743. doi: 10.3389/fvets.2020.582743

[7] National Geographics: Geschichte der Zoonosen: Wie Menschen durch ihr Verhalten Pandemien begünstigen (aufgerufen: 18. 12. 2021, um 13:00)

[8] Rohr, J.R., Barrett, C.B., Civitello, D.J. et al. Emerging human infectious diseases and the links to global food production. Nat Sustain 2, 445–456 (2019).

[9] Der Standard: Europas größte Milchfabrik soll in Spanien entstehen und sorgt für Zoff (aufgerufen: 20. 12. 2021, um 14:00)

[10] Gesellschaft !Zukunft Tierwohl!

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