Wildtierfütterung – Wer Futter sät, wird Wild ernten

Wildtierfütterung von Rehen und Hirschen wird von der konventionellen Jägerschaft oft als notwendiger Beitrag zum Tier- und Naturschutz verkauft. Doch dahinter verbirgt sich ein System, das vor allem wirtschaftlichen Interessen dient. Das und mehr – HIER!

Auf einen Blick

  • Störung des natürlichen Gleichgewichts: Winterfütterung schwächt natürliche Anpassungsmechanismen und erhöht die Krankheitsanfälligkeit von Wildtieren.
  • Überpopulation als Problem: Statt Wildbestände zu reduzieren, schafft die Fütterung unnatürlich große Populationen, die anschließend durch Jagd „reguliert“ werden.
  • Gefährliche Folgen: Verdauungsprobleme und Infektionskrankheiten machen die Fütterung zur Gefahr für das Tierwohl.
  • Wirtschaftliche Interessen im Fokus: Die Fütterung fördert Jagdurlaube und den Verkauf von Wildfleisch, statt echte Tierschutzmaßnahmen umzusetzen.

Wildtierfütterung setzt natürliche Selektion außer Kraft

Wegen einer Überpopulation wurden 2022/23 in Österreich rund 350.000 Rehe und Hirsche durch Jäger:innen getötet. Dieselbe Jägerschaft füttert unsere Wildtiere vom Herbst bis weit in den Frühling hinein und hält die Bestände durch diese sogenannte „Hege“ hoch. Dabei wird oft behauptet, dass verlorene Winterlebensräume und ein geringeres Nahrungsangebot der Tiere ausgeglichen werden müssten – obwohl weder Rehe noch Hirsche bedroht sind. Im Gegenteil, ihre hohe Anzahl gefährdet das Überleben unsere Wälder (lesen Sie HIER mehr über Rehe und Hirsche und ihren Einfluss auf unsere Natur).

In manchen Fällen haben Umweltzerstörung und Biodiversitätsverlust dazu geführt, dass Arten und Ökosysteme nur noch durch menschliches Eingreifen erhalten werden können. Diese sogenannte menschlich geführte Bestandsregulierung ist immer dann vonnöten, wenn eine Art sich in ihrem Lebensraum entweder nicht ausreichend vermehren oder dezimiert werden kann.

Das Ziel dieser Eingriffe muss aber immer sein, dass sich die Ökosysteme wieder stabilisieren und selbst erhalten. Für Reh- und Hirschbestände bedeutet das unter anderem ein Gleichgewicht von einem natürlichen Nahrungsangebot und tierischen Beutegreifern. Klassische Wildtierfütterung, wie sie in Österreich meist vorkommt, gefährdet hingegen unsere Ökosysteme.

Vor allem der Wegfall der natürlichen Selektion ist ein zentrales Problem der Wildtierfütterung. Harsche Winter, begrenzte Nahrung und Jagddruck sollten eigentlich dafür sorgen, dass sich hauptsächlich gesunde, angepasste Tiere fortpflanzen. Durch menschliche Zufütterung vermehren sich hingegen auch schwächere Tiere und eine zu geringe Anzahl natürlicher Feine wie Wolf, Bär und Luchs verstärkt das Problem. Das Resultat sind explodierende Wildpopulationen, die langfristig nicht mehr selbstständig überlebensfähig sind.

Wildtiere sind bestens an harsche Winter angepasst

Rehe und Hirsche überleben strenge Winter seit Jahrmillionen ohne menschliche Fütterung und sind perfekt an diese rauen Bedingungen angepasst: Bei Kälte werden die Tiere weniger aktiv, ruhen viel und senken ihren Stoffwechsel. Auch ihr Verdauungssystem stellt sich auf energieärmere Nahrung um, sodass sie mehrere Wochen mit wenig Futter auskommen.

Zudem finden Wildtiere meist auch im Winter ausreichend Nahrung, sofern die Wälder in einem gesunden Zustand gehalten werden. Bei geringer Schneedecke scharren Rehe und Hirsche Brombeeren, Moose, Gräser oder Stauden frei. Sind Schnee und Eis dichter, sorgen Wind und Schneebruch für herabfallende Flechten, Äste und Knospen. Selbst bei hohem Schnee bleibt ausreichend Nahrung zugänglich, etwa durch niedrig hängende Zweige.

Tierleid durch falsche Fütterung

Die menschliche Fütterung birgt außerdem enorme Risiken für die Tiere selbst. Fehler bei der Auswahl oder Menge des Futters bringen oft tödliche Erkrankungen mit sich und zählen zu den häufigsten Todesursachen für Rehe und Hirsche im Winter:

  • Verdauungserkrankungen: Falsches oder verschimmeltes Futter führt zu Pansenkrankheiten oder tödlichen Vergiftungen (Z.B. Pansenübersäuerung, Eiweiß-, oder Mykotoxinvergiftungen)
  • Infektionskrankheiten: An Futterstellen sammeln sich unnatürlich viele Tiere, wodurch Krankheiten wie Brucellose oder die Chronische Auszehrkrankheit (eine ähnliche Krankheit wie der tödliche Rinderwahn BSE) leichter übertragen werden können.

Hinzu kommt, dass angefütterte Tiere körperlich auf eine energiereiche Futterversorgung angewiesen sind. Bleibt diese schließlich aus, etwa weil Futterstellen durch zu viel Schneefall nicht mehr erreicht werden können, verhungern die Tiere grausam.

Wildtierfütterung schadet der Land- und Forstwirtschaft

Die Zufütterung von Reh- und Rotwild führt zu unnatürlich großen Populationen, die Land- und Forstwirtschaft erheblich schädigen. Obwohl oft behauptet wird, dass Wild durch Fütterung von Agrar- und Forstflächen ferngehalten werden soll, passiert häufig das Gegenteil: Ranghöhere Tiere vertreiben rangniedere von den Futterstellen. Diese weichen dann auf Felder und junge Waldbestände aus und verursachen dort Schäden.

Waldpflege und -Nutzung beeinflussen das winterliche Nahrungsangebot stark. Wenn dichte Wälder durchforstet, das Kronendach gelichtet wird und unterschiedliche Baumarten wachsen können, gelangt mehr Licht und Wärme auf den Waldboden. Das lässt Kräuter und Sträucher leichter wachsen, die wiederum als natürliche Nahrungsquelle für Wildtiere dienen.

Solche ökologisch ursprünglicheren Lebensräume sind die „natürliche Fütterung“, die der Mensch schaffen sollte. Sie helfen den Wildtierpopulationen gesund zu bleiben und halten sie von stark genutzten Gebieten fern.

Das Problem verschärft sich, wenn Tiere durch Zufütterung an Gebiete gebunden werden, die von Natur aus nicht genügend Nahrung bieten. Bei Futterknappheit suchen sie Alternativen und belasten dabei Kulturlandschaften noch stärker. Um die Schäden zu begrenzen und die Wildbestände zu regulieren, werden jährlich Zehntausende Tiere geschossen.

Wildtierfütterung für Profit und Trophäen statt Tierwohl

Wildtierfütterungen dienen häufig nicht dem Schutz der Tiere oder der Natur, sondern hauptsächlich wirtschaftlichen Interessen. Zufütterung hält die Wildtierdichte in Österreich unnatürlich hoch. Eigens dafür entwickeltes Kraftfutter lässt den Tieren besonders schöne Trophäen (z.B. Geweihe) wachsen lassen.

Beides ideale Voraussetzungen für Hobbyjäger:innen, die schnell ein prunkvolles Tier erlegen wollen. Da sonntägliche Jagdausflüge statusträchtige Luxusbeschäftigungen der Reichen und Mächtigen sind, tut sich mit in der Natur gemästeten Tieren ein eigener Wirtschaftszweig auf. Für die Trophäenjagd auf einen einzigen kapitalen Rothirsch können dabei schnell mehrere Tausend Euro fällig werden.

Fazit:

Die in Österreich gängige Wildtierfütterung befeuert einen Teufelskreis: Wildbestände wachsen durch menschliches Eingreifen und werden erst durch die Jägerschaft wieder reduziert. Dabei schadet diese Zufütterung den Tieren und unseren Ökosystemen und ist nicht mit einem Tierschutzgedanken vereinbar.

Ende der Wildtierfütterung durch ein Bundes-jagdgesetz!

Zusammen mit dem ökologischen Jagdverband, dem VGT und anderen Expertinnen und Experten fordern wir eine tierschutzorientierte und ökologische Jagdreform, dazu gehört auch ein Ende der überflüssigen Wildtierfütterung!

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Univ. Doz. Dr. Armin Deutz (2014): Wildfütterung – warum, wann, wie? 

Mooji J.: Natur durch Regulation? Wie viel Mensch braucht die Natur?. Schriftenreihe Haus Ruhrnatur Band 2.

Jagd in Tirol. Wildtiere auf Nahrungssuche im Schnee. Traube Miriam. 02.2019.

Blauer Kreis: Muss unser Wild in der Not gefüttert werden?. Völk Friedrich, Reiner Rudolf, Langmair-Kovàcs Susanne. 01. 2021.

Der Fortschrittliche Landwirt. Sonderbeilage: „Rehwild Füttern“. Rehwild füttern! Wenn ja, dann richtig!. BERGLER Franz, DAVID Marjan, ERBER Josef, GAHR Franz, GASTEINER Hans, HACKLÄNDER Klaus, KLANSEK Erich, LEITNER Alexander, RESCH Reinhard, ROTHMANN Georg. 2014.

Deutz A.: Sinn und Unsinn der Rotwildfüttung. Zusammenfassung eines Referates. Ebersdorf. 2014.

Reimoser F. Leistungen der Jagd für die Gesellschaft. 23. Österreichische Jägertagung 2017, 55 – 62. ISBN 13: 978-3-902849-46-5

Sorensen A, van Beest FM, Brook RK. Impacts of wildlife baiting and supplemental feeding on infectious disease transmission risk: a synthesis of knowledge. Prev Vet Med. 2014 Mar 1;113(4):356-63. doi: 10.1016/j.prevetmed.2013.11.010. Epub 2013 Nov 26. PMID: 24365654.

Cotterill GG, Cross PC, Cole EK, Fuda RK, Rogerson JD, Scurlock BM, du Toit JT. Winter feeding of elk in the Greater Yellowstone Ecosystem and its effects on disease dynamics. Philos Trans R Soc Lond B Biol Sci. 2018 May 5;373(1745):20170093. doi: 10.1098/rstb.2017.0093. PMID: 29531148; PMCID: PMC5882999.

Hotel Alpenkönigin: Jagdurlaub im Paznauntal.(aufgerufen: 23. 12. 2021, um 14:33)

Ricci, S., Sandfort, R., Pinior, B., Mann, E., Wetzels, S. U., & Stalder, G. (2019). Impact of supplemental winter feeding on ruminal microbiota of roe deer Capreolus capreolus. https://doi.org/10.2981/wlb.00572, 2019(1), 1–11. https://doi.org/10.2981/WLB.00572

 

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